Präanalytik und Störfaktoren
Für uns als akkreditiertes Labor haben medizinische Kompetenz sowie die Qualität unserer Diagnostik höchste Priorität. Die Sicherheit und Aussagekraft der Analytik wird allerdings entscheidend durch Prozesse außerhalb des Labors beeinflusst. Diese präanalytische Phase umfasst bei entsprechender Indikation die Auswahl geeigneter Analysen und korrespondierender Probenmaterialien, die Patientenvorbereitung sowie die Entnahme, den Transport und ggf. die Lagerung der Proben.
Wir ermitteln, bewerten und minimieren permanent die Risiken, mit denen die verschiedenen Prozessschritte der Laboratoriumsmedizin und Pathologie behaftet sind, von der Präanalytik über die Analytik selbst bis hin zur Postanalytik mit Befundübermittlung und Probenarchivierung.
Ein gewisses Restrisiko durch nicht ersichtliche Einflüsse oder präanalytische Gegebenheiten lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit ausschließen. Sollten einmal Laborergebnisse nicht im Einklang mit der Klinik und Anamnese stehen, bitten wir dieses bei der Interpretation zu berücksichtigen und zu hinterfragen. Gerne beraten wir Sie in diesen Fällen telefonisch, die passenden Ansprechpartner finden Sie hier.
Bekannte, insbesondere materialabhängige Störeinflüsse sind im Folgenden aufgelistet.
Blutproben
Die Blutabnahme erfolgt in der Regel im Sitzen (ideal: im Liegen), nachdem die zu behandelnde Person mindestens 2 min. zur Ruhe gekommen ist. Insbesondere zur Verlaufsbeobachtung sollte die Blutabnahme aufgrund der Möglichkeit tageszeitlicher Schwankungen (zirkadiane Rhythmik) stets zur gleichen Tageszeit (idealerweise zwischen 7 und 9 Uhr) erfolgen. Erschöpfende körperliche Aktivitäten in den letzten 3 Tagen sowie kürzlicher übermäßiger Alkoholkonsum vor der Blutabnahme sind zu vermeiden. Insbesondere bei Analysen, die durch Nahrungsaufnahme beeinflusst werden, muss die zu behandelnde Person nüchtern sein (Nahrungskarenz: 12-14 Stunden). Vor allem zur Erfassung von Medikamentenspiegeln muss die Morgenmedikation nach der Blutabnahme erfolgen. Eine Stauung >30 Sekunden (Hämokonzentration) sowie das „Pumpen“ mit der Faust (Kaliumanstieg) sollten vermieden werden.
Zur Vermeidung von Kontaminationen durch Additive wird bei der Abnahme verschiedener Blutproben folgende Reihenfolge empfohlen:
1. Blutkultur
2. Vollblut ohne Zusätze
3. Citrat-Blut
4. Heparin-Blut
5. EDTA-Blut
6. NaF-Blut
Serum/Vollblut ohne Zusätze: Ist im Analysenspektrum als Material Serum genannt, ist es, wenn nicht weitere präanalytische Hinweise angegeben sind, ausreichend, Vollblut ohne Zusätze einzusenden. Bei der Gewinnung von Serum erfolgt nach einer Gerinnungszeit von ca. 30 min. eine Zentrifugation (ca. 3000 U/ml). Der Überstand wird in ein zweites Probengefäß überführt.
EDTA-/Heparin-/Citrat-/NaF-Blut/Plasma: Zur Vermeidung von Gerinnseln Vollblut nach der Entnahme durch mehrmaliges Schwenken des Röhrchens mischen. Zur Gewinnung von Plasma wird die Probe unmittelbar 15 min. bei ca. 3000 U/ml zentrifugiert und der Überstand mit Hilfe einer Pipette in ein zweites Probengefäß überführt.
Proben für hämatologische Untersuchungen müssen innerhalb von 24 Stunden versandt werden und sollten bis zum Transport bei Raumtemperatur gelagert werden. Vollblutproben, die zur Gewinnung von Serum oder Plasma bestimmt sind, können im Kühlschrank aufbewahrt werden. Vollblut mit oder ohne Zusätze sollte nicht eingefroren werden (Hämolyse). Für die Bestimmung von Medikamentenspiegeln dürfen keine Gel-Monovetten verwendet werden.
Blutkulturen: Für die Blutkultur wird mindestens ein Kulturset bestehend aus zwei Bactec-Flaschen- je eine für Aerobier und Anaerobier- benötigt, wobei grundsätzlich die Flasche mit dem anaeroben Medien zuerst beimpft wird. Bei Verdacht auf Sepsis sollten Blutkulturen möglichst früh nach Auftreten entsprechender Symptome und vor Beginn einer antibiotischen Therapie entnommen werden. Insbesondere bei Verdacht auf Endokarditis sollten mehrere Blutkulturen im Abstand von wenigen Stunden entnommen werden.
Zur Vermeidung von Kontaminationen durch die Hautflora sollte die Entnahme nach sorgfältiger Desinfektion der Hände (mind. 30 sec.) sowie der Punktionsstelle unter Verwendung steriler Einmalhandschuhe erfolgen. Die beiden Blutkulturflaschen (aerob und anaerob) werden nach Desinfektion des Stopfens mit 8-10 ml Blut beimpft. Bis zum Transport in das Labor, der schnellstmöglich erfolgen sollte, werden Blutkulturflaschen bei Raumtemperatur gelagert.
Urinproben
Die Gewinnung von Urin erfolgt mit Hilfe eines Urinbechers, für den Versand von Urinproben empfehlen wir die Verwendung einer Urin-Monovette.
Spontanurin:
Je nach Anforderung erfolgt die Gewinnung tageszeitunabhängig oder als erster (nach nächtlicher Bettruhe) oder zweiter (2-4 Stunden nach erster Blasenentleerung) Morgenurin.
24-Stunden-Sammelurin:
Die Sammlung des Urins beginnt morgens nach Entleerung der Blase (Uhrzeit notieren). Anschließend werden in den folgenden 24 Stunden sämtliche Urinproben im Sammelgefäß aufgefangen. Die Sammelperiode endet am nächsten Tag mit dem ersten Morgenurin. Wenn erforderlich: Zusatz von Säure (10 ml 6 M Salzsäure, ca. 18 %ig) erst nach Sammlung der ersten Urinprobe. Die Gesamturinmenge wird auf dem Anforderungsschein notiert. Nach Schwenken des Sammelbehälters über Kopf werden 10-20 ml des Urins mit Hilfe einer Urin-Monovette eingesandt.
Mittelstrahlurin:
Nach Reinigung des Genitals wird die erste Urinportion in das Toilettenbecken abgegeben und ohne Unterbrechung die mittlere Portion des Harnstrahls aufgefangen. Steht Morgenurin nicht zur Verfügung sollte eine Miktionskarenz von mindestens 3 Stunden eingehalten werden.
Erststrahlurin:
Im Unterschied zum Mittelstrahlurin wird unmittelbar die erste Portion einer Urinprobe aufgefangen (Miktionskarenz: 2-3 Stunden).
Verwenden Sie für die mikrobiologische Diagnostik bitte ausschließlich sterile Urinbecher bzw. Urinröhrchen.
Liquorproben
Zur Vermeidung einer Kontamination mit Blut und Gewebsflüssigkeit wird die erste Liquorportion nach Punktion verworfen. Die folgenden Portionen (in der Regel 3-4) werden aufgefangen, wobei die Aufteilung auf verschiedene Röhrchen direkt während der Entnahme erfolgen sollte. Die benötigte Liquormenge ist abhängig vom Umfang der Analysen.
Wegen der Gefahr der Kontamination mit Hautkeimen sollte das erste Röhrchen nicht für den kulturellen oder molekularen Nachweis von Infektionserregern verwendet werden.
Für infektionsserologische Untersuchungen (Bestimmung des Antikörper-Index) muss grundsätzlich ein Liquor-Serum-Paar vom gleichen Tag eingesandt werden.
Abstrichproben
Bei der Einsendung von Abstrichproben zum Nachweis von Infektionserregern ist zu beachten, dass Proben für den kulturellen Nachweis grundsätzlich mit Transportmedium und Proben für den molekularen Nachweis in der Regel ohne Transportmedium eingesandt werden müssen. Für Zervix-, Harnröhren-, Ohr- und Augenabstriche zur kulturellen Diagnostik ist das Transystem® mit dem schwarzen Transportmedium (Holzkohle) zu verwenden, insbesondere für empfindliche Erreger (z.B. Gonokokken). Für alle anderen Abstriche ist das Transystem® mit dem farblosen Medium geeignet. Weitere Hinweise zur mikrobiologischen Diagnostik befinden sich im entsprechenden Kapitel „Mikrobiologie“. Gerne beraten wir Sie bezüglich der Auswahl geeigneter Materialien und Transportsysteme persönlich. Zur Orientierung stellen wir Ihnen darüber hinaus gerne eine Übersicht über die Transportsysteme für die mikrobiologische Diagnostik zur Verfügung.
Stuhlproben
In der Regel ist eine haselnussgroße Portion (entspricht etwa 2 g), bei flüssigem Stuhl ein Volumen von 3-5 ml ausreichend. Stuhlröhrchen bitte fest verschlossen einsenden. Für die Untersuchung von Stuhl müssen die Stuhlröhrchen mit Löffel verwendet werden.
Weitere Materialien für die kulturelle Diagnostik
Punktate und Aspirate sollten in ein Port-F®-Fläschchen injiziert werden nach vorheriger Desinfektion der Gummimembran. Die englumigen Abstrichröhrchen (Transystem®) sind wegen der Kontaminationsgefahr beim Einfüllen bzw. der Auslaufgefahr durch den Steckverschluss hierfür nicht geeignet.
Biopsate bzw. Gewebe sind etwa 1 cm tief in das Medium eines Port-F®-Fläschchens zu drücken. Sputum und BAL sollten in den sterilen Sputumröhrchen transportiert werden.
Hinweise für die molekulare Infektionsdiagnostik (PCR)
Senden Sie für PCR-Untersuchungen bitte stets separate Probengefäße ein. Wenn nicht anders angegeben, verwenden Sie für alle Materialien außer Blut- und Biopsieproben sterile Probengefäße ohne Zusätze. Biopsiematerial sollten in ca. 1 ml 0,9%-iger steriler NaCl-Lösung eingesandt werden. Zur Vermeidung von Kontaminationen sollte die Entnahme unter der Verwendung frischer Einmalhandschuhe erfolgen.
Hinweise für die mikrobiologische Diagnostik
Die mikrobiologische Untersuchung von Gewebe, Körperflüssigkeiten und Abstrichen ist für die Identifikation und Klassifikation einer Infektionskrankheit unerlässlich. Auch die Überprüfung der Sensibilität der isolierten Keime auf Antibiotika ist erforderlich, um die Behandlung gezielt und effektiv durchführen zu können.
Zu den Grundlagen einer zuverlässigen bakteriologischen, mykologischen und parasitologischen Diagnostik gehört die fachgerechte Durchführung von Probenentnahme, Lagerung und Transport. Hierdurch wird die Kultivierbarkeit der Erreger gesichert und zugleich ein verdrängendes Wachstum von Begleitflora verhindert. Aus diesem Grund sind folgende Punkte zu beachten:
- Proben möglichst vor Beginn einer Antibiotikatherapie entnehmen, um falsch negative Kulturergebnisse zu vermeiden
- gezielte Entnahme der Probe vom Infektionsort
- ggf. Vermeidung von Kontamination mit der körpereigenen Flora durch vorherige Reinigung bzw. Desinfektion (vor Punktionen) – siehe auch unter „Fehlermöglichkeiten in der Präanalytik“
- Probenvolumen in ausreichender Menge gewinnen, um eine adäquate Diagnostik mit verschiedenen Kulturverfahren und mikroskopische Untersuchung zu ermöglichen.
- alle Proben in sterilen Gefäßen sammeln
- Verwendung von geeigneten Abnahme- und Transportsystemen, um die Erreger vor Austrocknung, pH-Verschiebung, Überwucherung durch Kontaminanten und ggf. vor Oxidation zu schützen
- Probentransport in das Labor innerhalb weniger Stunden nach Entnahme. Sofern ein rascher Transport nicht möglich ist, sollten die Proben für höchstens 24 Std., wie in der Tabelle aufgeführt, gelagert werden
Hinweise für die molekulargenetische Diagnostik
Benötigtes Material für alle molekulargenetischen Analysen
Standardmaterial
- EDTA-Blut. Ideale Menge: 2 ml, Mindestmenge 0,5 ml.
Alternativmaterial
- Citrat-Blut
- DNA
- Wangenschleimhautabstrich, trocken (nicht geeignet für umfangreiche Analysen)
- FFPE-Material (nur für Sonderfragestellungen)
- Urin (nur für Sonderfragestellungen)
- andere Materialien ggf. nach Rücksprache
Pränatale Materialien
- Natives Fruchtwasser
- Native Chorionzotten (bitte sortiert einschicken, keine Sortierung kindlicher Anteile vor Ort möglich)
- DNA aus kultivierten Zellen (keine Zellkulturflaschen)
Für alle pränatalen Untersuchungen bitten wir um Voranmeldung und empfehlen die gleichzeitige Einsendung einer Blutprobe der Mutter zum Ausschluss einer maternalen Kontamination.
Lagerung und Versand
Blutproben in der Praxis über Nacht / Wochenende gekühlt aufbewahren. Versand per Boten oder per Post ungekühlt.
Begleitdokumente
- Kopie der Einwilligungserklärung nach GenDG (alternativ: schriftliche Bestätigung, dass eine Einwilligung in der Praxis vorliegt)
- Überweisungsschein Muster 10 oder Privatanforderung
- genetische Vorbefunde der Familie, klinische Angaben
- Bei Untersuchung der Gene BRCA1/2 (familiäre Fragestellung oder vor PARP-Inhibitor-Therapie) und bei Genetik hinsichtlich erblichem Darmkrebs Bestätigung, dass die Indikationskriterien entsprechend EBM erfüllt sind.
Kosten
Genetische Untersuchungen, die medizinisch indiziert sind, sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und beeinflussen keine Budgets des einsendenden Arztes.
Alle pharmakogenetischen Untersuchungen sind keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausnahme: DPYD-Gen vor 5FU-Therapie und CYP2C9-Gen vor Siponimod-Therapie.
Bei Abrechnung nach GOÄ empfehlen wir für alle aufwändigeren Untersuchungen eine Klärung der Kostenübernahme mit den jeweiligen Kostenträgern vorab. Entsprechende Kostenvoranschläge stellen wir bei Bedarf gerne aus.
Hinweis zur Cytogenetik und zur NIPT-Diagnostik
Cytogenetische Untersuchungen (Chromosomenanalysen) und NIPT-Diagnostik werden nicht im Medizinischen Labor Nord durchgeführt. Entsprechende Anforderungen können jedoch an ein Kooperationslabor weitergeleitet werden. Das benötigte Material für cytogenetische Untersuchungen ist Heparin-Blut. Für die Rhesus-NIPT werden 10 ml EDTA-Blut benötigt. Für die NIPT auf häufige Trisomien werden den Praxen spezielle Entnahmekits zur Verfügung gestellt.
Für Laborfragen stehen wir gerne unter den Telefonnummern 040-53805-851 und -852 zur Verfügung, für ärztliche Fragen unter der -853.
Asservierungsbedingungen verschiedener Materialien
Transportsysteme: Idealerweise sollt das native Material in sterilen Transportröhrchen ohne Medium eingesandt werden. |
Spezielle Präanalytik
Fehler bei der Probengewinnung oder beim Transport können das Messergebnis so weit verändern, dass es zu diagnostischen Fehlinterpretationen kommen kann. Neben den Einflüssen der Ernährung, der Körperlage und der Tageszeit auf die Zusammensetzung der Blutprobe sind u.a. Unterschiede zwischen kapillarem und venösem Blut sowie zwischen Serum und Plasma für das Analysenergebnis von Bedeutung. Detaillierte Hinweise finden Sie bei den entsprechenden Untersuchungen in unserm Analysenverzeichnis.
Für bestimmte Spezialfälle bieten wir darüber hinaus ausführlichere Informationen zum Download an.
Drogenanalytik - Kapillarblutentnahme
Drogenanalytik - Speichelprobennahme
Drogenanalytik - Haarprobennahme
Helicobacter-pylori-Atemtest (Standard / Diabact®)
Homocystein - Saures Citrat Monovetten
Organische Umweltschadstoffe - Spezialröhrchen
Parodonthopathogene Bakterien - Probennahme
Quantiferon-TB GOLD Test Lithium-Heparin-Röhrchen